Bundesregierung und KMK haben sich einiges vorgenommen, um digitale Bildung in Deutschland flächendeckend zu verankern. Bereits im Sommer erschien der vorläufige Entwurf einer Strategie für „Bildung in der digitalen Welt“, die die Kultusminister der Länder nun vergangenen Donnerstag in ihrer endgültigen Fassung der Öffentlichkeit vorgestellt haben.
Schon im Entwurf hielten wir die Entscheidung der Kultusministerkonferenz (KMK) für richtungsweisend: die Chancen der Digitalisierung sollten in einem offenen Dialogprozess beschrieben und daraus Leitlinien für die Weiterentwicklung des Bildungssystems in Deutschland entwickelt werden. Die Einbeziehung aller gesellschaftlichen Stakeholder in diesen Prozess war die Grundlage für eine nachhaltige und erfolgreiche Strategie für Lernen und Lehren im 21. Jahrhundert.
2017 gilt es nun, die gemeinsamen Ziele aus dem Strategiepapier für alle Bildungsbereiche umzusetzen und die digitale Bildung auch tatsächlich in die Lehrpläne, in die Lehreraus- und Fortbildung und schließlich in die Klassenzimmer zu bringen. Dazu muss die Politik im kommenden Jahr die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen.
Im Wesentlichen sieht die Strategie vor, dass alle Mädchen und Jungen, die zum Schuljahr 2018/2019 eingeschult werden oder in die Sekundarstufe I eintreten, die beschriebenen Kompetenzen bis zum Ende der Pflichtschulzeit erwerben sollen. Eine ausführliche Kommentierung ihrer Strategie haben die Kultusminister bereits veröffentlicht. Die vollständige Strategie der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“ können Sie in diesem PDF nachlesen.
„Wir sagen, bis 2021 soll möglichst in allen Schulen der Zugang zum Netz jederzeit möglich sein. Denn unser Ziel ist es, dass in jedem Unterricht, das heißt, in jedem Fach, zu jeder Zeit, es möglich ist, digitale Medien einzusetzen, um das Unterrichtsgeschehen zu unterstützen und die Didaktik auch an der Stelle zu verbessern“, so die KMK-Präsidentin Claudia Bogedan im Deutschlandfunk.
Ein Statement von Microsoft zur Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ gab auch Renate Radon, Mitinitiatorin des Digitalen Bildungspaktes für Deutschland und Mitglied der Geschäftsleitung, Microsoft Deutschland
„Mit der Strategie der Kultusminister steht der digitalen Bildung in Deutschland nichts mehr im Weg. Dennoch kommt es bei der konkreten Umsetzung mehr denn je darauf an, dass alle Kompetenzträger, auch die der Wirtschaft, gemeinsam an einen Tisch gebracht werden und für nachhaltiges Lernen und Lehren im 21. Jahrhundert eintreten. Dazu gehören neben der digitalen Infrastruktur die Aus- und Weiterbildung der Lehrerinnen und Lehrer, neue didaktische Konzepte und digitale Lehrinhalte; aber auch Konzepte für digitale Chancengerechtigkeit, um diejenigen möglichst früh zu erreichen, die bisher einen schwierigeren Zugang zu Bildungsangeboten haben. Deshalb plädieren wir dafür, unbedingt auch alle Grundschulen in die Digitalisierungsstrategie mit einzubeziehen.“
Der Didacta Verband der Bildungswirtschaft und der Verein Bündnis für Bildung begrüßen die Strategie, die unter anderem auch eine Weiterentwicklung der Curricula vorsieht.
„Die Länder haben den inhaltlichen Rahmen für die Bildung in der digitalen Welt abgesteckt. Zugleich haben sie Maßnahmen zur Qualifizierung der Fachkräfte festgelegt sowie Qualitätskriterien für digitale Bildungsmedien und die technische Ausstattung aufgestellt. Nach der Ankündigung des Bundes, flächendeckend in moderne IT-Infrastrukturen zu investieren, ist dies nun der nächste wichtige Schritt für die Bildungseinrichtungen, ihren Weg in die digitale Welt zu finden.“ Jetzt werde es entscheidend darauf ankommen, wie Bund, Länder und Gemeinden kooperieren, um ihre strategischen Ziele gemeinsam zu erreichen. „An diesem Prozess sollten Gesellschaft, Bildungswirtschaft und Forschung mitwirken können, um praktische, technologische Erfahrungen und wissenschaftliche Expertisen bei der Gestaltung des ,Digital Turn‘ einzubeziehen“, so Didacta-Präsident Prof. Dr. Wassilios E. Fthenakis
Der Schulunterricht soll sich in den kommenden Jahren stark verändern.
„Die digitale Bildung wird das Lernen und die Lehre revolutionieren. Das Lernen wird zeitunabhängig und ortsunabhängig werden. Es ist ein riesengroßes virtuelles Klassenzimmer möglich“, sagte die niedersächsische Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) der Deutschen Presse-Agentur.
Nicht erst seit Erscheinen des KMK-Papiers befasst man sich im Bundestag mit dem Thema Lehrerausbildung. Mdb Sven Volmering (CDU) unterstrich bereits vergangenen Monat während der Konferenz des Digitalen Bildungspaktes in Berlin, dass ein höherer Etat für die Aus- und Fortbildung von Lehrern sehr helfen würde.
Als „sehr differenzierten, vernünftigen, aber auch zukunfts- und lösungsorientierten Ansatz“ hat der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, die vorgestellte Handlungsstrategie gewertet. Insbesondere begrüßte es der Verbandschef, dass hinsichtlich des Lehrens und Lernens in der digitalen Welt „das Primat des Pädagogischen“ von der KMK ausdrücklich betont werde.
„Natürlich gehört es zum heutigen Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule, unsere Schülerinnen und Schüler angemessen auf das Leben in einer von der Digitalisierung aller Lebensbereiche gekennzeichneten Welt vorzubereiten. Dazu gehört, dass sowohl Chancen als auch Risiken in den Blick genommen werden!“, betonte Meidinger.
Ebenfalls positiv sieht der Philologenverband das von der KMK formulierte Strategieziel, die für eine aktive, selbstbestimmte Teilhabe in einer digitalen Welt notwendigen Fähigkeiten nicht einem einzelnen Fach, also beispielsweise der Informatik, zuzuordnen, sondern als Querschnittsaufgabe aller Fächer zu verankern.
Auch der Thüringer Lehrerverband tlv begrüßt den Vorstoß. Gleichzeitig mahnte der stellvertretende Landesvorsitzende Uwe Sommermann jedoch, „das Pferd nicht von hinten aufzuzäumen“. Den eher allgemeinen Charakter der Strategie sieht Sommermann kritisch:
„Es wird wieder nicht festgelegt, wer das Ganze wie vor Ort umsetzen soll. Ein Konzept ist weder kurzfristig, noch mittel- oder langfristig zu erkennen. In der Vergangenheit sind solche Aktionen leider ins Leere gelaufen. Da helfen dann auch die veranschlagten 5 Milliarden Euro nicht weiter.“
Einen ebenfalls kritischen Blick hat die Gesellschaft für Informatik e.V, die anmerkt, dass Informatik-Kompetenzen auch in der Endfassung der KMK-Strategie keine Rolle spiele.
#GI-Stellungnahme z. Entwurf d. #KMK-Strategie z. #digitaleBildung gilt auch für Endfassung. Inform. Kompet. fehlen https://t.co/ilnCZ63HI9
— Torsten Brinda (@brintor) December 8, 2016
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